MEERESGEFLÜSTER

Interview No. 001

Unter Wasser mit

Anna-Karina Schmitt – Freitaucherin

interviewt von Elena Schröder, Feb 2024

Anna-Karina Schmitt taucht mit nur einem Atemzug bis zu 82 Meter tief und hat erst kürzlich den Weltrekord im Apnoetauchen im See geholt. Das Freitauchen hilft ihr, sich selbst besser kennenzulernen und an ihre Grenzen zu kommen. Im Interview erzählt sie, wie sie ihr Leben mit Anfang 30 komplett umstellte, worauf sie stolz ist und in welchen VOLANS Designs sie sich besonders wohlfühlt.

  • Lebt in Zürich
  • Weltrekord im Apnoetauchen im See 
  • Persönlicher VOLANS Favorit: IVY
  • Lieblingsfarbe: Grün

Wie hast du VOLANS kennengelernt?
Ich war auf einem Designermarkt in Zürich, der immer im Frühling stattfindet. Dort habe ich VOLANS entdeckt, einen Badeanzug anprobiert und bin mit der Gründerin Ivon ins Gespräch gekommen. Mir hat Bademode schon als Kind Spaß bereitet. Ich erinnere mich noch an die coolen Badehosen, die ich als kleines Mädchen getragen habe. Seit meiner Kindheit bin ich sozusagen auf der Suche nach schöner Bademode. 

 Ich war von dem Schnitt, der Qualität und dem sportlichen Look begeistert, habe den Badeanzug gekauft und auf der Weltmeisterschaft spontan ein Fotoshooting damit gemacht. Danach habe ich Ivon einfach mal geschrieben und ihr die Bilder geschickt. Wir trafen uns zum Brunch und so ist letztes Jahr dieser schöne Kontakt entstanden.

Wir haben uns sehr über deine tollen Aufnahmen gefreut! Was macht für dich eine gute Passform aus – gerade im Hinblick auf Schwimmen und Tauchen?
Wichtig ist mir, dass nichts verrutscht und alles da bleibt, wo es sein soll. Oftmals trage ich einen Badeanzug auch unter meinem Taucheranzug. Dann ist mir besonders wichtig, dass er bequem sitzt, sodass ich gut atmen kann. 

Wie bist du eigentlich zum Freediving gekommen und was hat dich daran so fasziniert?
Im Grunde war ich als Kind immer nur unter Wasser. Das war für mich der normale Modus, wenn ich im Wasser bin – ganz egal in welchem Gewässer, und das waren viele verschiedene, ob im Schwimmbad oder im Rhein. Im trüben Rheinwasser sieht man kaum etwas, aber ich habe dennoch immer Muscheln hochgeholt. Meine Oma hatte jedes Mal Angst um mich und hat mich am Ufer festgebunden. Sie hat mir außerdem pinke Taucherflossen gekauft, obwohl ich unbedingt diese schwarzen coolen Flossen haben wollte, wie sie alle in den Tauchvideos trugen. Ich schaute unglaublich viele Unterwasser-Dokumentationen als Kind und da war mein Lebenstraum natürlich, die schwarzen langen Flossen zu haben. Puh, ich hab mich echt geschämt mit diesen pinken Teilen, aber „Hauptsache Flossen“ dachte ich mir und war froh, dass sie sie mir gekauft hat. 

Auf dem ersten Video, das es von mir auf einer Weltmeisterschaft gibt, erzählt der Moderator genau diese Geschichte und sagt: „One can say that Anna’s grandmother was her first safety diver”. (lacht)

„… und auf einmal war das wie eine ganz neue Welt für mich.“

Da hat der Moderator gar nicht mal so Unrecht. Und wie ging es dann in deiner Jugend mit dem Tauchen weiter? 
Genau, dann kamen die Teenagerjahre … Ich bin auf einem Dorf im Taunus groß geworden und da verliert man sich natürlich etwas im Gruppenzwang. Daher hat es lange gebraucht, bis ich wieder zu mir gefunden habe – ich war als Kind eigentlich immer in der Natur, immer im Wasser, hab kein Fleisch gegessen usw., aber es hat etwas gedauert, bis ich mein Gesundheitskonzept wieder umstellte. Ich habe eine Autoimmunkrankheit und daher angefangen, mich vegan zu ernähren und Yoga zu machen.

Dann war ich irgendwann in Zürich auf den Kurzfilmveranstaltungen und da lief ein Kurzfilm über einen Freitaucher. Erst da habe ich verstanden, dass es noch andere Menschen gibt, die das machen. Ich lernte in Zürich die Community kennen und auf einmal war das wie eine ganz neue Welt für mich. 

Wie alt warst du zu dem Zeitpunkt?
Ich war 31, eh gerade so ein bisschen in einem Umbruch in meinem Leben und entschloss „Ok, ich mach jetzt nur noch das“. Ich habe zwar nach wie vor meinen Job, aber widme mich in meiner Freizeit voll und ganz meiner Leidenschaft. 

Das ist super inspirierend zu hören! Das heißt, du hast erst vor wenigen Jahren so richtig mit dem Freitauchen begonnen und letztes Jahr sogar deinen ersten Weltrekord aufgestellt?
Das stimmt. Natürlich ist Freitauchen auch noch ein junger Sport. Im Schwimmen würde das beispielsweise nicht funktionieren, da Schwimmen schon so professionalisiert ist. 

Wie oft trainierst du? 
Bis auf einen Rest Day die Woche, eigentlich jeden Tag. Für mich ist mein Trainingsplan total abwechslungsreich – wie für Kinder der Adventskalender im Dezember.

„Ich bin ein totaler Bademodenfreak!“

In welchem VOLANS-Modell fühlst du dich aktuell am wohlsten?
Mein absoluter Favorit ist der IVY. Der ist super elegant, weil er vorne offen ist, passt sehr gut zu meiner Figur und ist gleichzeitig auch sportlich. Als ich kürzlich auf El Hierro, einer der Kanarischen Inseln, war, hatte ich ihn die ganze Zeit zum Schwimmen und Tauchen an. Welcher ebenfalls gut zum Tauchen ist, ist der MACA – das ist der, den ich damals auf dem Designermarkt gekauft habe. Und welchen ich für Videoaufnahmen toll finde – da habe ich übrigens noch eine ganz spektakuläre Aufnahme, die ich noch nie gepostet habe – ist der NAJKA.

Achso, VIDA liebe ich auch vom Design her. Und LOLA, den trage ich unglaublich gerne mit einem Rock, also sozusagen als Top. Okay, das waren jetzt einige. Ich bin ein totaler Bademodenfreak. (lacht)

Und zu den Farben: Ich mag dieses dunkle Grün, das ist meine Lieblingsfarbe und passt immer gut zum See und zum Meer. 

„Das kam mir vor, wie auf den Mond zu fliegen.“

Verrätst du uns, wie viele Minuten du aktuell die Luft anhalten kannst? 
Gestern war mein Maximum 4:48, aber ich war gestern auch ziemlich gestresst, da ich einen vollen Arbeitstag hatte. Ich denke, ich komme so auf 5:30. 

Was sind deine bisher größten Erfolge bzw. auf welche Meilensteine bist du besonders stolz? 
Das ist jetzt schon ca. zwei Jahre her, aber worauf ich damals richtig stolz gewesen bin, war, im Zürichsee 50 Meter tief zu tauchen. Das war für mich so eine Grenze, die mir irgendwie gesagt hat: Du bist hier auf dem richtigen Weg. Als ich zum allerersten Mal im Zürichsee tauchen war, gab es eine Freitaucherin, die 50 Meter getaucht ist. Zu dem Zeitpunkt war ich Anfängerin und dachte „Wow, das will ich unbedingt mal machen“. Das kam mir vor, wie auf den Mond zu fliegen. 

Ich habe die 50 Meter geschafft, dann 53 und 54 Meter – was auch nationale Rekorde für Deutschland im See waren. Ein Jahr später, 2022, waren es 70 Meter, also ein Sprung von 20 Metern. Damit bin ich die Tiefste in der Schweiz. Letztes Jahr nahm ich an der Competition am Gardasee teil, die hat Weltrekordstatus und ich wusste, der Weltrekord bei meiner Disziplin lag bei 70 Metern. Ich habe 73 Meter geschafft und den Weltrekord geholt.

„Du lernst loszulassen.”

Meine Spezialisierung ist, im See zu tauchen. Es ist ein ganz anderer Zugang als nur dort zu baden. Im See ist es schwierig, denn da ist es schon nach kurzer Zeit dunkel. Wenn die Taschenlampe aus ist, und das ist mir auch schon passiert, und du die Augen aufmachst, denkst du, dass du die Augen noch zu hast. Da unten gibt es gar kein Licht. In der dunkelsten Nacht hast du irgendeinen Stern am Himmel, irgendwas ist immer da. Aber dort ist es so dunkel, das kann man sich nicht vorstellen. Gleichzeitig ist das total schön. In der Tiefe ist so eine Ruhe und Distanz zu allem – fast kosmisch. Du lernst loszulassen.

Dieses Jahr gehe ich wieder auf die Weltmeisterschaft, die diesmal auf Korsika stattfindet. Ich bin schon gespannt – mal wieder raus aus dem See und zurück ins Meer. 

Ein persönlicher Meilenstein – mal abgesehen von den Wettkämpfen, in denen man immer mit anderen gemessen wird – ist für mich auch, diesen Lifestyle in mein Leben zu integrieren: meine Ambitionen, gesund zu leben. Das macht mich stark und unabhängig.

Das Freitauchen hilft mir, mich zu verstehen, mich selbst besser kennenzulernen und an meine Grenzen zu kommen – aber auf eine gesunde Art. Man wächst damit. Auch beim Krafttraining tut sich bei mir total viel. Ich finds toll, als Frau so viel Kraft in meinem Körper zu haben. Das gibt mir Empowerment. 

Wie bereitest du dich auf die Weltmeisterschaft dieses Jahr vor? 
In dem Moment, in dem ich mich dazu entschieden habe, ist die Weltmeisterschaft in meinem Unterbewusstsein jede Minute präsent. Es gibt einen Trainingszyklus – dieser besteht aus verschiedenen Phasen. In der ersten Phase baust du Stärke auf und trainierst Ausdauer. Außerdem ist Flexibilität wichtig. Dann wird es immer spezieller und in der letzten Phase, unmittelbar vor der Weltmeisterschaft, trainierst du nur noch im tiefen Wasser. Beim Training in der Tiefe verlierst du Muskelmasse, d.h. du machst auch nur einen tiefen Tauchgang pro Tag, weil es so viel Energie raubt. Danach muss man ruhen. 

Wenn du dich entscheiden müsstest: See, Meer, Fluss oder Pool?  
Den See hab ich mir zum Freund gemacht, aber ich glaube, das Meer würde gewinnen. Das Meer ist einfach so artenvielfältig und so klar – für mich ist das Meer ein Wunder. Es kann einem nie langweilig werden im Meer.

Wie fühlt sich ein Tag ohne Schwimmen oder ohne Tauchen für dich an?
Ach, manchmal eigentlich ganz gut. Ich mache Wasserpausen auch ganz bewusst – die sind aber natürlich nicht so lange (lacht). Meistens sind es zwei oder drei Tage, aber dann freut man sich auch wieder wie ein kleines Kind aufs Wasser.

“Im Grunde hat mich diese Situation nur stärker gemacht, da ich es dennoch nach oben geschafft habe.”

Gibt es etwas, das dir in der Tiefe Angst macht? Und wenn ja, wie gelingt es dir, diese Angst zu überwinden?
Es ist ein sehr mentaler Sport. Ich habe in der Tiefe vor nichts wirklich Angst, aber womit ich mich am meisten beschäftige, ist Wettkampfstress. Dieser Druck, der entsteht, wenn ich die Zahl verkünde, die ich tauche. Auf einmal wird der Druck größer – vielleicht ist es auch eine Angst des Versagens. An diesem mentalen Stressmanagement arbeite ich dann aktiv, sodass ich am Ende wieder entspannt bin.

Hattest du denn mal einen schlechten Tauchgang? 
Vielleicht ein-bis zweimal in meinem Leben. Ich bin mal bei 73 Metern mit meiner Sicherheitsleine verhakt. Das war in der Weltmeisterschaft und es hat sich dreimal hintereinander verhakt, weswegen ich extrem viel Stress beim Auftauchen hatte und dann an der Oberfläche für zwei Sekunden in ein kleines Blackout gefallen bin. Aber meine Safety Diver, die nach mir schauen, sind ja immer bei mir. Und im Grunde hat mich diese Situation nur stärker gemacht, da ich es dennoch nach oben geschafft habe. Natürlich hat es mich auch sensibilisiert, gewisse Fehler nicht mehr zu machen und Risiken zu eliminieren, die ich eliminieren kann. 

Welche Risiken kannst du beispielsweise kontrollieren?
Zwei Tage vorher machte ich im Probetraining den gleichen Tauchgang und da ist mir mit dem Equipment genau dasselbe passiert. Aber sonst noch nie. Also dachte ich, es passiert schon nicht nochmal – ist es aber. Aus so etwas lernt man. Genauso wie ich nun Schwimmbrillen sofort austausche, wenn Wasser reinläuft. Ich versuche außerdem, ganz früh ins Bett zu gehen. Also alles, was ich irgendwie beeinflussen kann. 

Erzähl uns von dem magischsten Ort, an dem du bislang getaucht bist. 
Ich finde, Magie geht auch oft von einem selbst aus, also wie man sich gerade fühlt. Aber in Indonesien, Raja Ampat, zu tauchen, wo die Artenvielfalt jetzt noch wächst – mit unglaublich vielen Korallen, kleinen Seepferdchen und riesengroßen Rochen – das war schon magisch und surreal zu sehen. Achso, und unter dem Eis zu tauchen. Das ist nochmal eine ganz andere Art der Stille. Die Eisschicht ist teilweise ein Meter dick und wenn du dann Schwarzeis hast, was wir hatten, kommen Lichtstrahlen durch das Loch, aber drum herum ist alles dunkel.

Wow, das klingt wirklich magisch. Und gibt es einen Ort, der auf deiner Bucket List steht? 
Ich glaube für mich ist es nicht diese eine Reise oder einmal mit Walen zu tauchen. Auf meiner Liste steht eher, mir langfristig etwas am Meer aufzubauen – mit einem Grund, der mir gehört. Im Einklang mit der Natur und in einem Nachhaltigkeitskonzept zu leben, dass mich der Boden, auf dem ich lebe, ernährt und dass dort in der Nähe das Meer ist, in dem ich täglich schwimmen und tauchen kann. 

Liebe Anna-Karina, vielen Dank für dieses spannende Gespräch! 

Credits

Photos: Federico Buzzoni Freediving & Underwater Photography